Die Diskussion um die Strippe am Board im Wildwasser ist so alt, wie es den Wildwasser SUP Sport gibt.
Nun sind ja schon ein paar Jahre ins Land gegangen und die einen oder anderen Erfahrungen wurden gesammelt.
Auch an mir ist der Kelch nicht vorbei gegangen.
Gleich vorweg: In meinen Kursen und auf meinen Touren trägt heute kein Teilnehmer mehr eine Leash. Bis auf ganz wenige Ausnahmen.
Das war nicht immer so.
Wie kam es nun zu diesem Sinneswandel?
Ganz einfach. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben dazu geführt.
Aber gehen wir der Sache doch einmal auf den Grund.
Wenn wir uns anschauen wo der SUP Sport entstanden ist, lichtet sich vielleicht auch der Nebel um die Sinnhaftigkeit dieser Leine.
Beim Wellenreiten macht das Teil schon deshalb Sinn, um andere Surfer im Wasser nicht unnötig durch ein umherfliegendes Brett zu gefährden. Auf dem offenen Meer, das wird Jeder einsehen, möchte man auch nicht längere Zeit von seiner Rettungsinsel getrennt sein.
Und wer auf dem See schon einmal bei Windstärke 3 ohne Leash baden gegangen ist, der wird bestätigen können, dass es selbst bei diesem „lauen Lüftchen“ schon einiger Anstrengung bedarf, sein Paddelgerät wieder einzufangen.
Also aus sporthistorischer Sicht lässt sich die Leine zwischen Brett und Paddler durchaus nachvollziehen.
Finden wir ähnliche Voraussetzungen auch im Wildwasser?
Folgende Fragen beschäftigen mich dazu:
Wenn ich eine Leash trage:
- Gefährde ich bei Kontrollverlust über das Board andere Paddler? – eher nicht.
- Fällt es mir ohne Leash schwerer das rettende Ufer oder Kehrwasser zu erreichen? – nein. (ausgenommen im Wuchtwasser und großer Flussbreite)
- Kann es sein, dass ich den Verlust des Boards zu beklagen habe?- ja.
Wenn ich keine Leash trage:
- Gefährde ich andere Paddler durch das Tragen einer Leash? – ja das ist möglich.
- Fällt es mir mit Leash schwerer das rettende Ufer oder Kehrwasser zu erreichen? – ja, das ist nicht selten der Fall.
- Ist die Chance, dass ich mein Board nicht verliere größer? – ja.
Wir sehen schon, dass die Grundgedanken zum Tragen einer Leash im Wildwasser anscheinend nicht unbedingt auf fruchtbaren Boden fallen.
Wir haben in den Zeiten des Leash tragens etliche unschöne Situationen gehabt, die es wirklich nicht braucht.
Ein paar Beispiele aus unserem Erfahrungsschatz:
Mir selbst passierte, dass sich an der Campingplatzwalze in Wildalpen das Board nach einem Wipe Out entschloss, ein paar Runden in der Walze zu drehen. Dummerweise verhedderte sich die Leash so mit meinem Arm und Paddel, dass ich auch nach Auslösen des quick release nicht loskam und nur mit einem Arm schwimmen konnte. Ohne Katjas gekonnten Wurfsack Einsatz hätte ich wohl Einiges an Wasser inhaliert. Und das an einer Stelle, die im Grunde genommen gar nicht so gefährlich ist.
Im Rescue3 Kurs wurde Katja in eine Walze gehangen, mit Leash und quick release am Hüftgurt. Das führte dazu, dass ihr Körper in der Mitte wie ein Schweizer Taschenmesser zusammenklappte und sie keine Chance hatte den rettenden Knopf des quick release Systems zu erreichen. Oberkörper und Kopf wurden dabei immer wieder unter Wasser gedrückt. Das war zwar eine absichtlich herbeigeführte Situation, zeigte aber unmissverständlich wie schnell vermeintlich sichere Systeme zu brandgefährlichen Situationen führen können.
Eine unserer Teilnehmerinnen war bei einer Tour auf dem Lech bei Mittelwasser zwischen Busch und Board eingeklemmt und konnte sich nur mit sehr großer Mühe und nach einiger Zeit von ihrer Leash am quick release befreien.
Durch solche Erfahrungen und viele Gespräche mit erfahrenen Raftguides und Kajakfahrern kamen wir schließlich zu unserer Erkenntnis, dass die Leash im Wildwasser eher Fluch als Segen ist.
Nicht umsonst gilt unter Raftern und anderen Wildwasser Sportlern der unumstößliche Grundsatz:
Keine Leine im Wasser, wenn du nicht ein rettendes Messer in der Hand hast!
Lediglich wenn zwei Merkmale am Fluss zusammen treffen, machen wir eine Ausnahme:
Wuchtwasser und eine große Breite des Flusses.
Bei dieser Bedingungskombi spricht die Nutzen / Gefahren Abwägung eher für das Tragen einer Leash.
Wie immer ihr euch entscheidet, Wildwasserpaddeln ist ein wunderschöner aber sehr ernst zu nehmender Sport. Ob mit oder ohne Leash.
Folgende Dinge solltet ihr deshalb ins Auge fassen wenn ihr
ohne Leash paddelt:
- Niemals alleine Paddeln – das gilt immer.
- Ein oder zwei Kajakfahrer in der Gruppe erhöhen die Sicherheit – sie können wesentlich besser Material bergen und Schwimmer unterstützen.
- Es ist besser ans Ufer zu schwimmen und von dort aus das verlustig gegangene Material zu suchen, als ihm durch den Bach hinterher zu schwimmen – also schaut, dass ihr in ein sicheres Kehrwasser kommt.
mit Leash paddelt:
- Auch hier niemals alleine paddeln – gerade durch die Leash könnt ihr auch einmal auf die Hilfe von Mitpaddlern angewiesen sein.
- Quick release besser an der Weste als an der Hüfte – auf keinen Fall ganz ohne quick release!
- Die Leash sollte eine Coiled Leash sein, am besten mit einer Sollbruchstelle und einem Karabiner zum Einhängen im O-Ring der Weste.
- Die Leash sollte keinesfalls länger als euer Board selbst sein.
- Im Fall eines wipe out solltet ihr zuerst versuchen schnell wieder aufs Board zu kommen.
Welche Erfahrungen hast Du mit der Leash im Wildwasser schon gemacht? Pro oder Kontra. Hinterlasse Deine Eindrücke als Kommentar.
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Interessante Einblicke.
Ich bin ja eigentlich immer für eine der Artikel ändert meine Sicht ein wenig…
Bei stark verbuschten Flüssen lass ich se weg von mir aber an Bord…
(Bei Evtl. treideln müssen dann doch hilfreich)
Auch wenn der Hund mit an Board ist…
Sicher hundert mal hätt ich sonst das Brett mitsamt Hund erst mal raus fischen müssen.
Das mit den Walzen ist mir aber auch schon mal in den Sinn gekommen…
Jetzt kam mir aber auch schon zu Ohren ! Dass eine Weste in den Walzen genau so tödlich sein „kann“
obwohl ich mir diese Aussage auch noch nicht komplett erklären kann.
Jetzt wird hier über Kehrwasser geschrieben, mir ezählte mal ein Angler wie er bei einer Hilfsaktion ohne alles in einem feststecke und weder an Land noch in die Strömung kam…
Da dies bei „meinem“ Fluss passierte, bin ich immer froh mein Board bei mir zu haben.
( gibt da tatsächlich 2 stellen bei denen ich mir immer noch nen Kopf mach… nur nicht DA rein fallen)
Ich glaub die Themen muss ich mir echt mal merken und live erörtern 😉
Danke fürs zum nachdenken anregen !
Hallo Petra. Klar. das mit der Leash muss jeder letztendlich selber entscheiden.
Zur Weste gibt es allerdings keine zwei Meinungen.
Wie man mit schwierigen Situationen in Bezug auf Weste und Walze umgeht, lernt man zum Beispiel in einem Wildwasser Rescue Kurs.
Das Schwimmen im Wildwasser auch.
So einen Kurs kann ich auch deinem Angler nur wärmstens empfehlen. Dann kommt er auch wieder raus aus seinem Karussell im Kehrwasser. 😉
Danke für den Artikel.
Ich fahre fast immer mit Leash. Mir ist es einfach lieber so schnell wie möglich am Board zu sein und keine Sekunde zu lange im Wildwasser meinen Board hinterher schwimmen zu müssen, oder ohne Board ans Ufer zu schwimmen. Die Schwimmerei im Widlwasser ist auch eine Gefahrenquelle und sollte so kurz wie möglich sein.
ich kenne auch die Situation, dass sich die Leash um ein Bein oder was auch immer für einen Körperteil wickeln kann- danke fürs Erinnern- da werd ich in Zukunft noch einen Sollbruchstelle in der Board-Leashverbindung einbauen, bzw hab ich aus diesen Grund eine sehr dünne Leash im WW.
Ich trage die Leash am Schnellauslöser an der Weste.
Wenn ich mit Kunden im leichten Wildwasser bin, tragen die auch keine Leash und die Strecke ist so ausgesucht, dass Schwimmen nicht zu verletzungsträchtig ist
Hallo Gernot. Ja. Das Thema wird ja immer wieder kontrovers diskutiert. Bei mir hat sich da jetzt eine ganz klare Sicht ergeben. Aber wie immer im Leben ist es so, dass das nur jeder selbst entscheiden kann.
Allein bei Kursen und Touren stehen Guides und Instructoren in der Situation, dass sie sich im Ernstfall erklären müssen.